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 Effiziente E-Mobilität:
Übergroße Akkus kompensieren
fehlende Ladeinfrastruktur
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 Die triste Realität (Stand Spätsommer 2023) deutscher Schnelllade-Infrastruktur ist ein Desaster mit weiter bestehenden Versorgungslücken und teils unzuverlässigen Ladesäulen, selbst an Autobahnrasthöfen, obwohl diese Mindestversorgung bis Ende 2017 hätte verfügbar sein sollen:

•  Ca. 30 von 400 Autobahnrasthöfen haben immer
   noch keine Schnellladestationen, wobei die Lücken
   von Tank+Rast trotz wiederholter Anfragen ungeklärt
   bleiben.
•  An der Hälfte der Autobahnrasthöfe steht nur eine
   Ladesäule, die nur für ein Auto Gleichstrom liefert,
   während der Wechselstrom-Anschluss von vielen
   E-Autos nur zum extrem langsamen Laden nutzbar
   ist. Ein Nutzer oder ein Fehlparker reichen, um die
   ganze Raststätte für Schnelllader zu blockieren.
   Mindestens 2 Säulen mit Eignung für 4 Fahrzeuge
   müssten längst der Mindeststandard sein.
•  Manche Ladesäulen sind obendrein zeitweise defekt
   und/oder bieten keine frei nutzbare Bezahloption.
•  Viele Ladesäulen haben nur eine Nennleistung
   von 50 KW. Benötigt werden Anschlüsse mit
   ca. 100 KW je Ladepunkt, die absehbar für die
   meisten E-Autos reichen. Verkehrsministerium und
   Betreiber Tank+Rast setzen stattdessen teilweise
   auf Super-Ladestationen mit 350 KW, deren
   Überkapaziotät nur von Supersportwagen und
   Monster-SUVs nutzbar ist.
•  An den Autohöfen neben den Autobahnen gibt
   es auch zu oft noch keine Schnellladestationen.
   Damit ist Tank+Rast als Betreiber aller deutschen
   Autobahn-Rasthöfe vielerorts Monopolist - und sitzt
   diese Probleme aus.
•  In Regionen abseits der Autobahnen müssen auch
   an wichtigen Bundesstraßen Schnellladestationen
   verfügbar sein. Gleiches gilt für die Anstiege zu den
   Bergpässen in Alpen und Mittelgebirgen. Fortschritte
   sind hier - regional unterschiedlich - erkennbar.
   
    
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 Für die meisten Pendler, bzw. generell im Nah- und Regionalverkehr, spielen diese Probleme keine Rolle, da man Zuhause, beim Arbeitgeber oder an vielen einfachen (langsamen) Ladestationen genug Strom verfügbar hat, selbst wenn bei einem älteren E-Auto der Akku nur für 100-200 km reicht.

Folgen für den Fernverkehr

Manche E-Fahrer verzichten bisher auf die Nutzung Ihrer E-Autos im Fernverkehr, weichen auf Verbrenner aus, um sich den beschriebenen Ladeproblemen zu entziehen, um keine unkalkulierbaren Zeitrisiken hinnehmen zu müssen . Aber gerade auf Langstrecken kann man ja am meisten Benzin/Diesel substituieren und Emissionen vermeiden.

Fährt man mit dem E-Auto, ist man gut beraten, den Akku nicht ganz leerzufahren, um beim Ausfall einer Ladestation noch die Nächste erreichen zu können. Damit wird aber der Ladeintervall kürzer, da man z. B. statt nach 300 km schon nach 250 km nachlädt. Das verlängert die Reisezeit, verlangt also unnütz Zeit und Geduld - oder ein E-Auto mit sehr großem Akku.

Bei guter Infrastruktur würde für die meisten Fahrer eine Akkukapazität für über 300 km reichen, da man nach zweistündiger Autobahnfahrt ohnehin eine kleine Pause machen sollte, die zum Nachladen reicht.

Beim bisherigen Ausbau-Schneckentempo in Deutschland wird man aber wohl noch weitere Jahre auf die notwendigen Kapazitäten warten müssen. Wir haben uns deshalb 2019 als unser drittes Elektroauto für den Hyundai Kona mit dem großen 64-KW-Akku entschieden, schleppen damit meist unnütze 300 kg Mehrgewicht durchs Land und mussten auch gegenüber dem 40-KW-Modell ca. 5.000 € mehr investieren.

Die mangelhafte Infrastruktur wird also sehr konkret durch Ressourcen-Verschwendung kompensiert.

Absurderweise werden die E-Auto-Neuzulassungen dadurch aber bisher kaum negativ beeinflusst. Die deutschen Hersteller produzieren weiter zu geringe Stückzahlen und haben bei oft langen Lieferzeiten noch keine Akkuproduktion, hängen noch für Jahre am mageren Tropf asiatischer Hersteller.

Und selbst die Hersteller in Asien und Amerika, die die Produktion Jahr für Jahr massiv erhöhen, kommen dem internationalen Nachfrageboom kaum hinterher, haben es gar nicht nötig, mehr Akkus nach Europa zu verkaufen, wenn man ohnehin am Limit produziert und lieber seine neuen Marken Made in China exportiert.

Der weltweite E-Auto-Boom geht in den nächsten Jahren weiter, aber Deutschland als angeblich führende Auto-Nation hinkt im unteren Mittelfeld hinterher, während gegen Luftverschmutzung und Verkehrslärm nur Alibi-Aktivitäten umgesetzt werden.

Rolf Albrecht
     
   
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