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 Mischfinanzierungen
abbauen - Kritik und
Lösung aus einer Hand
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 Ein Sprichwort besagt: „Viele Köche verderben den Brei.“ Diese Misere ist aber nicht nur in der Küche anzutreffen. Auch wenn es ums Geld geht, ums Geld der Steuerzahler, bringen Eigeninteressen der Politik das Gemüt der Steuerzahler zum Kochen.

Nämlich dann, wenn dadurch unnötige Ausgaben getätigt werden und ein politischer Mix aus unterschiedlichen Interessenlagen zu Steuergeldverschwendung führt. Zu diesem Mix gehören die sogenannten Mischfinanzierungen.


Hierbei geht es um die Erfüllung konkreter öffentlicher Aufgaben, bei denen die Verantwortung und Zuständigkeit für die Finanzierung nicht allein einer staatlichen Ebene zugeordnet sind, sondern auf mehrere öffentliche Finanziers verteilt wird. Die öffentliche Aufgabe, die dazugehörigen Ausgaben und auch die Verantwortung werden geteilt – sie sind vermischt.

Mischfinanzierungen allerorten

Mischfinanzierungen gibt es zwischen Bund und Ländern, zwischen Ländern und Kommunen, zwischen der EU und dem nationalen Bereich. Also überall! Häufig sind sogar mehr als zwei staatliche Ebenen an der Finanzierung beteiligt, im Extremfall sogar alle.

Das Spektrum der Mischfinanzierungen ist dabei äußerst weit und umfasst nahezu jeden Politikbereich. Ob bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, bei Bildung und Forschung, dem Bundesfernstraßenbau, bei Konsolidierungshilfen des Bundes für chronisch klamme Länder oder der Bereitstellung von Leistungen des Öffentlichen Personennahverkehrs – eine Ebene, zumeist Länder oder Kommunen, nimmt die konkrete Aufgabe wahr, wird aber von einer anderen Ebene kräftig mitfinanziert.

Diese Mitfinanzierungen finden in der Regel von oben nach unten statt, also vom Bund zu den Ländern oder von den Ländern zu den Kommunen, wobei es auch innerhalb der kommunalen Ebene Zuweisungen von den Kreisen an die Gemeinden gibt.

Die Geldtransfers sind überwiegend zweckgebunden und müssen vor Ort für die konkrete Aufgabe eingesetzt werden. Die Spannbreite der finanziellen Verflechtungen ist dabei enorm. Sie reicht von einigen Tausend Euro, wenn etwa der Bund den Kommunen Finanzmittel zur Erstellung von lokalen Klimaschutzkonzepten zur Verfügung stellt, bis hin zu Milliarden-Transfers – so im Umfang von 7,3 Mrd. Euro jährlich, die der Bund den Ländern in Form von sogenannten Regionalisierungsmitteln überweist, die damit Leistungen im Öffentlichen Personennahverkehr einkaufen.

Gegen den Geist des Grundgesetzes

Die Geschichte der Mischfinanzierungen in der Bundesrepublik reicht weit zurück. Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes besteht die Tendenz, immer wieder neue Mischfinanzierungsformen einzuführen, die die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Finanzierungszuständigkeiten der verschiedenen staatlichen Ebenen nachhaltig verzerren.

Diese Tendenz ist weniger auf objektive Notwendigkeiten zurückzuführen, sondern in der Regel auf den Hang der Politik, mit Steuergeld Akzente zu setzen. Dabei weist das Grundgesetz in Artikel 104a grundsätzlich entweder dem Bund oder den Ländern die Finanzierung einer Aufgabe zu, für die die jeweilige staatliche Ebene zuständig ist. Aufgaben- und Ausgabenverantwortung werden dadurch fest verknüpft.

Mischfinanzierungen oder Finanztransfers sollen – dem Geiste des Grundgesetzes nach – möglichst vermieden werden. Doch die politische Praxis hat sich im Laufe der Zeit weit vom Grundgesetz entfernt. Trotz mehrfacher Versuche und gelegentlicher Entflechtungen, wie zuletzt beim BAföG, dessen Finanzierung nicht mehr Bund und Länder gemeinsam stemmen, sondern seit 2015 allein der Bund, sind umfassende Endzerrungen bisher erfolglos geblieben.

Vor allem seit der großen Finanzreform 1969 wurde das Trennungsprinzip sukzessive ausgehöhlt. Der Bund stieß mittels erfundener politischer Gemeinschaftsaufgaben und spezieller finanzieller Leistungen immer weiter in den Verantwortungsbereich der Länder vor und mischte sich zunehmend in originäre Länder-, aber auch in Kommunalaufgaben und -zuständigkeiten ein.

Systematische Mängel

Doch Mischfinanzierungen bergen systematische Fehlanreize: Sie kreieren künstlich ein Verantwortungswirrwarr, das die öffentlichen Ausgaben in die Höhe treibt und letztlich immer wieder zu unnötigen, übertriebenen und unwirtschaftlichen Ausgaben und damit zu Steuergeldverschwendung führt. Denn auch hier gilt sprichwörtlich: „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.“

So weit das Feld an Mischfinanzierungen ist, so groß sind auch die Problemfelder und Nachteile, die mit ihnen einhergehen. Hier sei betont, dass nicht die eigentliche öffentliche Aufgabenwahrnehmung in der Kritik steht, sondern die Art und Weise, wie diese erfüllt und umgesetzt wird – problematisch ist also nicht das „Ob“, sondern das „Wie“.

Die wesentlichen Missstände
von Mischfinanzierungen im Überblick


Fehlanreize zu Mehrausgaben:

Unnötige Ausgaben werden hauptsächlich durch eine gespaltene Nutzen-Kosten-Betrachtung verursacht. Denn bei mischfinanzierten Projekten wird meistens der Nutzen umfassend, aber nur ein Teil der Kosten in das Entscheidungskalkül der ausführenden und mitfinanzierenden Ebene einbezogen – nämlich derjenige Kostenanteil, der von der Ebene selbst zu tragen ist.

Beispielsweise müssen Kommunen teilweise nur 10 % Eigenfinanzierungsanteil zu bestimmten Investitionsprojekten beisteuern; den Rest trägt entweder der übergeordnete Kreis, das Land, der Bund oder sogar mehrere von ihnen. Somit erscheint das jeweilige Projekt durchaus bequem finanzierbar und von Vorteil. Folglich ist die Bereitschaft groß, Geld auszugeben, das bei alleiniger Gesamtzuständigkeit nicht oder zumindest in geringerem Umfang bereitgestellt würde.

„Nimm, was du kriegen kannst“ ist salopp, aber zutreffend gesagt, die Haltung, die bei den mittelempfangenden Stellen durch Mischfinanzierungen gefördert wird. Und weil Mischfinanzierungen eine sehr weit verbreitete Finanzierungspraxis sind, binden sie somit übermäßig viel Steuergeld, das für andere öffentliche Aufgaben nicht mehr zur Verfügung steht.

Prioritätenverzerrung:

Weil andere Gebietskörperschaften Finanzmittel zur Verfügung stellen, verwundert es nicht, dass die Mittelempfänger jenen Aufgabenbereichen und Projekten besonderen Vorrang einräumen, bei denen eine Mischfinanzierung möglich ist. Dadurch kommt es zu Prioritätenverzerrungen: Projekte bzw. Ausgaben erhalten nur deshalb Vorrang, weil sie von anderen mitfinanziert werden, nicht aber, weil sie von der Sache her die beste Lösung sind.

So wird auf den einzelnen Ebenen bzw. bei den einzelnen Gebietskörperschaften eine rationale Aufgabenplanung beeinträchtigt. Es kommt zu ineffizienter öffentlicher Aufgabenerfüllung, wodurch überhöhte Ausgaben und überhöhte Lasten verursacht werden.

Doppelstrukturen:

Mischfinanzierungen führen auch deshalb zu Mehraufwand, weil beim Zusammenwirken mehrerer Akteure zwangsläufig Doppel- oder sogar Mehrfacharbeiten erforderlich werden, nämlich Arbeiten auf jeder der beteiligten Ebenen und häufig auch noch in speziellen Abstimmungs- bzw. Koordinierungsgremien. Umfangreiche Antrags-, Prüfungs-, Abstimmungs- und Bewilligungsverfahren und viele Regelungen des Zusammenwirkens verursachen einen hohen Bürokratie-Aufwand.

Kontrolldefizite:

Auch sind bei Mischfinanzierungen Kontrollmängel festzustellen, ob das zur Verfügung gestellte Geld vor Ort wirklich zweckgerecht eingesetzt wurde. Das ergibt sich aus dem besonderen Anreiz zu überhöhten Ausgaben bei den Beteiligten, aus der Verwischung der Zuständigkeiten und der insgesamt schweren Durchschaubarkeit des gesamten Geflechts, in das zu viele Akteure einbezogen sind.

Die Geld gebenden Stellen haben es schwer, die Mittelverwendung hinreichend zu überprüfen. Ihnen werden Informationen vorenthalten und häufig eine diesbezügliche Kooperation der Geld empfangenden Ebene verwehrt, da Geldgeber und Geldnehmer nicht immer dieselben Interessen verfolgen. Zudem verfügt der Bundesrechnungshof kaum über Möglichkeiten, bei Mischfinanzierungen gebietskörperschaftsübergreifend prüfen zu dürfen.

Unklare Haftung:

Eng verknüpft mit den Kontroll- und Informationsdefiziten sind Fragen der Haftung. Allein die Länder erfüllen Verwaltungsaufgaben im Auftrag des Bundes in dreistelliger Milliardenhöhe. Folglich ist das Haftungspotenzial enorm.

Eigentlich verlangt das Grundgesetz hierbei, dass ein spezielles Bundesgesetz die Haftungsfragen zwischen Bund und Ländern konkret regelt. Doch das ist bis heute nicht geschehen. Entsprechend schwierig ist es für den Bund, gegenüber den Ländern Haftungsansprüche rechtlich durchzusetzen.

Dieser Umstand wird dadurch erschwert, dass die Länder – um etwaigen Rückforderungsansprüchen zu entgehen – nur sehr selten eigene Fehler an den Bund melden, und der Bund selbst kein Instrumentarium hat, um Haftungsfälle gezielt aufdecken zu können.

Besitzstandsdenken:

Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass bei großen Mischfinanzierungsmaßnahmen, z. B. bei den verschiedenen Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern, die Bundesregierung und 16 Landesregierungen in der Regel zusammen über die Planung und Finanzierung zu beschließen haben.

Solche multilateralen Entscheidungen sind sehr aufwendig und können zulasten Dritter gehen. Denn sie sind häufig durch Egoismen und Besitzstandsdenken Einzelner geprägt, was der eigentlichen Zielsetzung der Gesamtmaßnahme zuwiderläuft und einen effizienten Einsatz von Steuergeld verhindert.

Einmal festgelegte Verteilungsschlüssel lassen sich dann selbst bei sich verändernden Prioritäten nicht oder nur bei Aufstockung des gesamten Finanzvolumens verändern.

Tunnelblick:

Zur Ausweitung der Ausgaben trägt auch das Zusammenwirken der Fachleute in den Verwaltungen der verschiedenen Ebenen bei. Die Erfahrungen zeigen, dass die Fachleute auf die konkrete Maßnahme, zumeist Investitionen, fixiert sind, diese stetig verfeinern und ausbauen und dabei etwaig entstehende Folgekosten aus den Augen verlieren. Denn diese werden in der Regel nicht durch die Mischfinanzierung abgedeckt, belasten aber dauerhaft den Haushalt der investierenden Ebene.

So entstehen neue Ausgaben, die ohne Mischfinanzierung gar nicht oder in geringerem Umfang angefallen wären.

Demokratische Defizite:

Grundsätzlich laufen Mischfinanzierungen dem föderalen System unseres Staatsaufbaus zuwider, da die eigenständige und eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung ausgehebelt wird.

Dies wird dadurch verstärkt, dass bei Mischfinanzierungen ein Kooperationszwang allein zwischen Regierungsebenen und exekutiven Verwaltungsebenen besteht, wodurch die Einbindung der Parlamente zurückgedrängt wird.

Diese Kooperationen sind durch bürokratisches Problemlösungs-Verhalten gekennzeichnet, das eher auf ein Kurieren der akuten Symptome des eigentlichen Problems abzielt als auf eine Gesamttherapie des Grundproblems an sich.

Macht-, Positions- und Statusgewinne spielen oft eine stärkere Rolle als die Suche nach sachgerechten Lösungen. Parlamente und Bürger bleiben bei diesen Entscheidungen außen vor, wodurch den eigentlichen Bedürfnissen der Bürger vor Ort nicht Rechnung getragen werden kann.

Eigendynamik:

Auch wenn Mischfinanzierungen eine sehr lange Tradition haben, kann dies nicht als ein Argument für deren Berechtigung und Notwendigkeit gelten. Nur weil sich die Politik bei finanziellen Kooperationen aktiv zeigt, heißt dies noch lange nicht, dass diese Aktivitäten auch sinnvoll sind.

Vor allem der Bund legt seine Zuständigkeiten gegenüber den Ländern und zunehmend auch den Kommunen oft großzügig aus. Er mischt sich immer wieder mit neuen Aufgaben und Geld in Bereiche ein, die ihn laut Grundgesetz nicht betreffen. Diese sogenannten ungeschriebenen Zuständigkeiten nutzt der Bund erschöpfend, sodass die politische Praxis im Laufe der Zeit eine enorme Eigendynamik bei Anzahl und Vielfalt von Mischfinanzierungen entwickelt hat.

Fehlverwendung:

Ob Finanzzuweisungen der Länder an die Kommunen oder des Bundes an die Länder – immer wieder kommt es vor, dass ursprüngliche Zielsetzungen von Mischfinanzierungen im Zeitablauf verwässert werden und sie dadurch ihre ursprüngliche Aufgabenstellung verlieren.

So wurden beispielsweise mit der Föderalismusreform I mehrere Mitfinanzierungen des Bundes, wie etwa beim gemeinsamen Hochschulbau oder der Bildungsplanung, abgeschafft. Durch politisches Geschacher haben die Länder dem Bund aber sogenannte Entflechtungsmittel als Kompensation (2,6 Mrd. € pro Jahr) abgetrotzt. Diese Mittel werden seit 2007 gezahlt, unabhängig davon, ob die Länder das Geld in diesem Umfang überhaupt benötigen.

Der Druck der Länder hat sogar dazu geführt, dass die Bundesmittel seit 2014 ohne die anfängliche Zweckbindung ausgegeben werden dürfen. Obwohl die Entflechtungsmittel dadurch gar nicht mehr ihren Zweck erfüllen, werden sie trotzdem gezahlt. Sie dienen letztlich lediglich der allgemeinen Verbesserung der Länderfinanzen.

Mischfinanzierungen sind somit insgesamt gesehen problematisch. Ihre Nachteile wiegen zudem besonders schwer, weil diese Finanzierungspraxis weit verbreitet ist und erfahrungsgemäß in starkem Maße dazu tendiert, auf Dauer beibehalten zu werden, sodass sich die Missstände verfestigen und sogar noch ausweiten. Dies ist maßgeblich systembedingt.

Mischfinanzierungen gängeln vor allem Kommunen

Vor allem auf Kommunalebene gehören Mischfinanzierungen zum täglichen Geschäft der Verwaltungen. Denn hier findet das Gros der Aufgabenwahrnehmung und -umsetzung statt, die durch Mischfinanzierungen seitens der Kreise, der Länder, des Bundes und der EU alimentiert werden.

So initiiert die Landespolitik gern und immer wieder Förderprogramme für die Kommunen – z. B. für Umwelt- oder Straßenbaumaßnahmen. Die Landespolitiker wollen sich mit ihren Subventionstöpfen öffentlich schmücken und scheinbar Gutes bewirken. Doch der politische Antrieb, glänzen zu wollen, bewirkt oft das Gegenteil.

Von der Politik werden Förderprogramme besonders dann als Erfolg gefeiert, wenn sie stark nachgefragt und sämtliche Mittel abgerufen werden. Dies geschieht jedoch unabhängig davon, ob die Geldtransfers wirklich einem sinnvollen und nachhaltigen Zweck dienen.

Um diese „Erfolge“ herbeizuführen, werden die bereitgestellten Mittel durch die Landespolitik teuer und intensiv beworben. Die Landesministerien nehmen direkten Einfluss auf die Kommunalpolitik, damit die Subventionen auch im Sinne der Landespolitik umfangreich in Anspruch genommen und die Kommunen somit am „goldenen Zügel“ geführt werden.

Faktisch wird dadurch eine künstliche Nachfrage und ein Bedarf geweckt, der in der Kommunalpolitik aber gar keine Priorität besitzt. Da die Kommune jedoch nur 10, 20 oder 30 % Eigenanteil beisteuern muss, werden sachlich notwendige Investitionen und Projekte vor Ort hintenangestellt und die aus kommunaler Sicht günstigen Mischfinanzierungen vorzugsweise in Anspruch genommen.

Diese Herangehensweise wird für die Steuerzahler oft zum Ärgernis und ist ein Fall für das Schwarzbuch, denn der entfachte Wettlauf der Kommunen um die Fördertöpfe endet oft in teuren Schnellschüssen.

Viele Maßnahmen gehen unausgereift, größer und teurer an den Start als es eigentlich nötig wäre und ursprünglich auch beabsichtigt war. Sie werden oft aufgebläht, um den aufwendigen und bürokratischen Hürden der entsprechenden Förderrichtlinien zu genügen. Dieser Mechanismus leistet Ausgabenerhöhungen und Verschwendung zwangsläufig Vorschub.

Die Anmaßung von Ländern, Bund und EU, besser als die lokale Politik vor Ort wissen zu wollen, wo den Kommunen der Schuh drückt, degradiert die Kompetenz der kommunalen Akteure und stellt das Subsidiaritätsprinzip sowie den Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung auf den Kopf.

Dies wird noch dadurch erschwert, dass nach Auslaufen der Förderprogramme die Kommunen mit den Folgekosten, etwa durch ständige Unterhalts- und Sanierungsmaßnahmen, allein gelassen werden. Diese Kosten spielen bei der Projektbeantragung aber selten eine Rolle, sie erscheinen schlichtweg nicht auf dem Radar der Politik. Dennoch müssen auch die Folgekosten finanziert werden, in der Regel dann von den Kommunen vollständig allein.

Am Ende können dadurch wohlklingende Subventionen tiefe Haushaltslöcher in den Kommunen hinterlassen und diese dann finanziell noch schlechter gestellt sein als vor dem Mischfinanzierungsprojekt.

Manchmal erfolgt der Ruf nach Finanzhilfen aber auch von unten nach oben, also von den Kommunen zu den Ländern und von den Ländern wiederum zum Bund. Die unteren Ebenen fordern konkrete Zuweisungen und Programme. Damit holen sie sich aber viele der beschriebenen Probleme sehenden Auges ins eigene Haus.

Exkurs

In Ausnahmefällen können Mischfinanzierungen durchaus sinnvoll, sogar notwendig sein. Dies trifft besonders bei Notlagen zu oder wenn sich besonderer Handlungsbedarf ergibt, der ein konsequentes staatliches Handeln vor Ort erforderlich macht, ohne dass die zuständige Ebene über entsprechende Mittel zur Erfüllung dieser Aufgabe verfügt.

Dies war z. B. bei den Hochwasserkatastrophen in den Jahren 2002 und 2013 der Fall. Durch die jeweils zügige Einrichtung von Aufbauhilfefonds auf Bundesebene konnten kurzfristig Milliarden Euro Hilfsgeld für die betroffenen Länder und Kommunen bereitgestellt werden, um Maßnahmen zur Beseitigung der Hochwasserschäden und zum Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur zu finanzieren.

Ebenso unterstützt seit 2015 der Bund die Länder und vor allem die Kommunen mit Bundesmitteln, die zur Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen eingesetzt werden.

In solchen Fällen ist ein gesamtstaatliches Handeln, also die Kooperation aller staatlichen Ebenen, nötig, um rasche Abhilfe zu schaffen. Dennoch bleiben auch bei den aufgeführten Beispielen die Probleme und Nachteile von Mischfinanzierungen umfassend bestehen.

Um diese nicht ausufern zu lassen, müssen solche „Notaktionen“ zeitlich strikt begrenzt und möglichst degressiv, also mit immer geringer werdenden Finanztransfers, ausgestaltet werden, um Verkrustungen und Verselbstständigungen im Laufe der Zeit zu verhindern.

Schließlich ist innerhalb der Abwicklungsphase – und zwar auf jeder Ebene – auf größtmögliche Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Kontrolle und Transparenz zu achten. Um Steuergeldverschwendung zu verhindern, müssen die Projekte zudem auf langfristige Tragfähigkeit angelegt sein. Denn was hilft es Ländern oder Kommunen, „Geld von oben“ für Maßnahmen zu erhalten, deren Unterhalt sie aber nach Auslaufen der Förderung allein nicht stemmen können? Dies würde lediglich zu teuren Strohfeuern führen, die den gewonnenen Nutzen durch Projektabbruch oder Rückbau zunichtemachen.


Mischfinanzierungen abbauen

Grundsätzlich müssen auf Dauer angelegte Mischfinanzierungen verhindert werden. Zwar sind verschiedene Änderungen innerhalb des bestehenden Mischfinanzierungssystems denkbar, jedoch würde es sich weitgehend nur um ein Kurieren der Symptome handeln, bei dem in mancher Hinsicht sogar weitere Nachteile zu befürchten sind.

Daher lassen sich die aufgezeigten praktischen und staats- rechtlichen Probleme nur lösen, wenn Mischfinanzierungen umfassend abgebaut und somit die systembedingten Mängel beseitigt werden. Daraus lassen sich folgende elementare Lösungsvorschläge ableiten:

Alles aus einer Hand:

Die Kompetenzen, Aufgaben sowie die finanzielle Verantwortung der öffentlichen Akteure müssen eindeutig bestimmt, klar abgegrenzt und bei der jeweils zuständigen Gebietskörperschaft hinsichtlich der Aufgabenerfüllung und Finanzierung möglichst zusammengefasst werden. Denn Aufgaben und Ausgaben gehören zusammen – das Motto hierbei lautet: „Alles aus einer Hand.“

Auch muss den unteren staatlichen Ebenen mehr Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zugetraut werden, um das Prinzip der Subsidiarität wieder mit Leben zu füllen. Besonders die Kommunalpolitik ist grundsätzlich besser über den Bedarf und die Bedürfnisse der Bürger vor Ort informiert als „die Politik da oben“.

Aufgabengerechte Steuerverteilung:

Jede Ebene muss von vornherein finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben langfristig finanzieren kann. Im Nachhinein Finanzierungslöcher festzustellen und diese dann mit Geld von anderen Ebenen zu füllen, führt zu Konflikten, Ineffizienzen und Verschwendung.

Die Politik ist gefordert, die Steuereinnahmen aufgabengerecht auf Bund, Länder und Kommunen zu verteilen, damit diese im Sinne der Finanzverfassung voneinander unabhängig und eigenverantwortlich wirtschaften können.

Dazu gehört auch, Ländern und Kommunen mehr Autonomie bezüglich der Gestaltung ihrer Finanzen einzuräumen.

Kooperation auf Augenhöhe:

Statt vertikaler Mischfinanzierungsströme ist der Ausbau horizontaler Kooperationen und Verwaltungseinheiten zu bevorzugen, also auf der gleichen Gebietskörperschaftsebene. Denn nicht jede Kommune muss jede Aufgabe zwingend allein bewerkstelligen.

Durch eine verstärkte interkommunale oder länderübergreifende Zusammenarbeit bei den jeweils gleichgerichteten Aufgaben können durch Spezialisierung, Schwerpunktsetzung und durch die Bündelung von Kompetenzen erhebliche Synergien gewonnen werden. Vor allem können negative Effekte der vertikalen Mischfinanzierung verhindert werden, da es sich dann um Kooperationen auf „Augenhöhe“ handelt.

Mehr Kontrolle:

Sollten Entflechtungen politisch jedoch nicht überall gewollt sein, müssen die entsprechenden Mischfinanzierungsbereiche zumindest reformiert werden. Besonders müssen klare und nachvollziehbare Entscheidungslinien installiert werden und die Geld gebenden Stellen müssen umfassende Möglichkeiten erhalten, um die Verwendung der Mittel kontrollieren und gegebenenfalls auch zurückfordern zu können.

Hierzu müssen vermehrt überprüfbare und sanktionierbare Zielvereinbarungen, Anreizsysteme und letztlich eindeutige Weisungs- und Koordinationsrechte zwischen Geldgeber und -nehmer beschlossen Werden - und zwar im Vorfeld der Bewilligung und Vergabe von Steuermitteln.

Diese Maßgaben sind auch deshalb zwingend, damit sowohl die Parlamente als auch die Rechnungshöfe und Kommunalprüfungsstellen entsprechend ihrer Kompetenz sachorientiert prüfen können.

Ungeschriebene Zuständigkeiten abbauen:

Viele Mitfinanzierungen des Bundes beruhen auf sogenannten ungeschriebenen Finanzierungszuständigkeiten Hierbei stellt der Bund Mittel für bestimmte Aufgaben bereit, etwa für die Kulturförderung, für die er aber gar keine originäre Zuständigkeitskompetenz besitzt.

Solche teils unzulässigen Finanztransfers müssen abgebaut werden und strengen Begrenzungen unterliegen. Denn gerade diese ungeschriebenen Zuständigkeiten führen zu sich selbst verstetigenden Subventionen, die einer unnötigen Ausgabenausweitung Vorschub leisten und das im Grundgesetz fixierte Trennungsprinzip der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung unterlaufen und damit stören.

Fazit

Mischfinanzierungen führen regelhaft zu überhöhten Ausgaben und leisten der Verschwendung von Steuergeld Vorschub. Daher müssen sie weitestgehend vermieden werden.

Dafür sind jedoch große politische Anstrengungen nötig. Wird das Steuergeld der Bürger von Anfang an dahin geleitet, wo die jeweilige öffentliche Aufgabe erfüllt wird, kann nicht nur der verfassungsrechtlichen Vorgabe aufgeteilter und klar voneinander abgegrenzter Aufgaben- und Finanzierungskompetenzen Genüge getan werden. Auch spart sich der Staat unnötig hohe Ausgaben, die durch die systembedingten Probleme von Mischfinanzierungen entstehen und Steuergeldverschwendung hervorrufen.

Verfügen Länder und Kommunen alternativ über ausreichende Mittel, auch im Wege einer gestärkten Steuerautonomie, um die ihnen jeweils zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erfüllen, stärkt dies den Föderalismus und die demokratische Teilhabe. Denn dann können die Bürger vor Ort in den Ländern und Kommunen klar und eindeutig beurteilen, wie ihre gewählten Amtsträger mit ihrem Geld umgehen.

Die Tendenz von Ländern und Kommunen in den vergangenen Jahrzehnten, immer mehr Kompetenzen in Steuer- und Finanzfragen an den Bund abzuschieben, um damit die eigenen Zuständig- und Verantwortlichkeiten zu verwischen, kann beendet werden. Dann muss den Bürgern nicht mehr erklärt werden, warum z. B. der Bund seit vielen Jahren 10 Bundesländern pauschal 517 Mio. € pro Jahr überweist, um sich damit an den hohen Kosten der dortigen Verwaltungsapparate zu beteiligen.

Denn auch bei diesen sogenannten Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen – wegen überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung – ist keine objektive Zahlungsnotwendigkeit gegeben. Die Transfers ignorieren schlichtweg den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Haushaltsautonomie von Bund und Ländern.

Also: Durch den Abbau von Mischfinanzierungen wird nicht die konkrete öffentliche Aufgabe in Frage gestellt. Es geht vielmehr um die Art und Weise, wie verantwortungsvoll die öffentliche Hand mit Steuergeld umgeht.

Da Aufgaben und Ausgaben eindeutig bestimmt, klar abgegrenzt und fest zugeordnet werden müssen, führt kein Weg an einer substanziellen Rückführung der weit verbreiteten Mischfinanzierungen vorbei.

Quelle:
Bund der Steuerzahler; Schwarzbuch 2015; Seiten 4-14

   
    
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