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 EZB-Zinspolitik:
Ziel ist Geldwertstabilität
- nicht privater Zinsgewinn
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 Die mehrere Jahre andauernde Phase niedriger Zinsen kam häufig wegen der niedrigen Guthabenzinsen für Sparer in eine negative öffentliche Diskussion.

Da der Fiskus mit Blick auf die Staatsschulden und regelrecht zinskostenlose Staatswertpapiere enorm profitierte, ist die Kritik der privaten Sparer auf den ersten Blick berechtigt. Im Kontext ist die Zinslage aber mit anderen Maßstäben zu bemessen.


Erstmal kommt es überhaupt nicht auf die zahlenmäßige, nominelle Zinshöhe an. Diese muss um die zeitraumgleiche Inflation, also den real erlittenen Geldwertverlust bereinigt werden. Guthabenzinsen für einfache Banksparkonten und kurzfristige Geldanlagen sind seit Jahrzehnten auf niedrigem Niveau, eigentlich immer unter 3 % und meist um die 2 %, aber bereinigt um die ebenfalls niedrige Inflation selten über real 0,5 %. 2015 und 2016 lag die Inflation bei 0,3-0,5 % - da ist es regelrecht "normal", dass der nominelle Zins unter die 1-%-Marke rutscht.

Die geringe nominelle Verzinsung von Sparguthaben ist damit kein wirkliches Problem. Eine real hohe Rendite lässt sich mit risikofreien Sparkonten seit Jahrzehnten nicht erwirtschaften. Dafür hat der Sparer hier die Bestätigung, dass die bewährte Geldstabilität aus DM-Zeiten auch seit der Einführung des Euro bestand hat und dem Anleger sein Vermögen erhalten bleibt.

Allein dieses ist die gut erfüllte politische Aufgabe. Eine reale Gewinngarantie kann hingegen weder der Fiskus noch die Zentralbank bieten. Wer mehr Rendite will, muss zumindest Teilrisiken eingehen - aber die Gewinnchance ist dann ebenso Privatsache wie das Risiko.
     
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 Zudem spielen die klassischen Sparzinsen für das Einkommen der meisten Bürger keine wesentliche Rolle. Wer kein Vermögen hat, bekommt ohnehin keine Zinsen. Und wer etwas Vermögen hat oder bildet, kümmert sich häufig zuerst um einen schuldenfreien Hausstand, das kreditfreie Auto und um abbezahltes, selbst genutztes Wohneigentum.

Hat ein Sparer derzeit z. B. für 100.000 € Einlage wegen der Niedrigzinsphase real 0,5 % weniger reale Rendite, reden wir über bescheidene 500 €/Jahr. Klar ist damit, dass nur Millionäre überhaupt an Sparzinsen bedeutende Einkommenssummen erzielen können.

Die Kehrseite: Erfreulich billige Kredite

Durch die andauernde Niedrigzinsphase konnten sich die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen fast kostenfrei refinanzieren. Höher verzinste Staatskredite wurden ebenso durch billige Neukredite ersetzt wie verzinste Staatspapiere durch nahezu Zinsfreie. Jahr für Jahr wurde es damit leichter, ausgeglichene Haushaltspläne zu realisieren und sogar Altschulden zu tilgen. Nur desolat regierte Bundesländer haben hier noch Probleme. Die Staatsverschuldung sank, nominell und erst recht inflationsbereinigt.

Wer privat investierte, konnte besser denn je Projekte anpacken, die langfristig Rendite bieten. Niedrige Zinsen schufen Freiräume für nachhaltige, langlebige Investitionen.

Wer schon investiert hatte, z. B. ins Eigenheim, konnte ebenfalls teure Altkredite durch sehr zinsgünstige ersetzen und Bankkredite viel schneller tilgen als ursprünglich geplant. Lücken in der privaten Altersvorsorge können damit viel effektiver geschlossen werden, als z. B. mit armseligen Riester-Renten, an denen nur die Anbieter Geld verdienen.

Zudem hat ein Kreditnehmer, der dank Niedrigzinsen leichter und schneller tilgen kann, generell eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Banken. Kein Wunder also, dass die Banker jammerten und sich nach den Zeiten zurücksehnen, als ihre Kunden monatlich kaum mehr aufbringen konnten, als ihnen an Zinsen aufgebrummt wurde.

Rolf Albrecht
     
   
   
 Nachtrag wegen Zins-Wende

Seit Herbst/Winter 2022/23 hat sich die Zinspolitik aufgrund der veränderten Weltlage massiv geändert - was die obigen Argumente indirekt bestätigt. Nun wird über Inflation geklagt und hohe Kreditzinsen, die z. B. ganze Bauprojekte gefährden. alb
     
   
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