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 § 8c KStG verfassungswidrig:
BVG bestätigt Verlustabzug
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 Der Bund der Steuerzahler hat erfolgreich einen Musterprozess unterstützt, in dem 2017 vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt wurde, ob ein Gesellschafterwechsel bei einer Kapitalgesellschaft dazu führen darf, dass Verluste aus der bisherigen Tätigkeit der Gesellschaft verlorengehen und daher für eine spätere Verrechnung mit Gewinnen nicht mehr zur Verfügung stehen.

Nach § 8c KStG hat die Übertragung von mehr als 25 % der Anteile zur Folge, dass die Verluste nicht mehr mit späteren Gewinnen der Gesellschaft verrechnet wer­den können. Mit dem Paragraphen 8c KStG beabsichtigt der Gesetzgeber, missbräuchliche Steuergestaltung zu verhindern.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2017 entschieden, dass der § 8c KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes von 2008 und in den nachfolgenden Fassungen gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) verstoße.


Es fehle an einem sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte. Der alleinige Erwerb von mehr als 25 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft sei noch kein Indiz für missbräuchliche Steuergestaltung, da es für die Übertragung von Beteiligungen an Verlustgesellschaften vielfältige Gründe geben kann.

Dass der Anteilseigner die Verluste zur Steuerminderung für Gewinne aus einem anderen Unternehmen nutzen will, könne nicht pauschal angenommen werden.

Im konkreten Sachverhalt hat eine GmbH geklagt, die Pauschalreisen organisiert, plant und vermittelt. Die GmbH wurde 2006 von zwei Ge­sellschaftern gegründet, dessen Geschäftstätigkeit in den Jahren 2006 und 2007 zu Verlusten führte. Im Jahr 2008 verkaufte einer der Gründungsgesellschafter wegen einer persönlichen finanziellen Notlage seine Anteile an einen neuen Gesellschafter. Zwar erzielte die GmbH im gleichen Jahr Gewinne, doch berücksichtigte das Finanzamt dabei die Verluste aus 2006 und 2007 nicht. Durch den Gesellschafterwechsel wendete das Finanzamt die Regelung des § 8c KStG an, wonach ein Großteil der Verluste aus den Anfangsjahren nicht berücksichtigt wurde.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es der GmbH nun möglich, den Verlustvortrag für die Jahre 2006 und 2007 vorzunehmen. Somit darf die GmbH die Verluste mit den Gewinnen aus dem Jahr 2008 verrechnen.

Das Urteil ist besonders für Kapitalgesellschaften von Bedeutung, deren Steuerbescheid aufgrund eines Einspruchs- oder Klageverfahrens noch offen ist oder deren Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind. Diese Steuerzahler können sich auf das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 2 BvL 6/11) berufen und den Verlustvortrag für den Zeitraum zwischen 2008-2016 geltend machen.

BVG vereitelt Doppelbesteuerung

Für FiskusLeaks-Chefredakteur Rolf Albrecht handelt es sich hier um einen leider typischen Fall, wie der Fiskus ohne konkreten Sachgrund Kosten bzw. Verluste durch rechtswidrige Vorschriften steuerlich nicht anerkennen will, womit die Betroffenen jahresübergreifend faktisch einer realen Doppelbesteuerung unterworfen werden.

"Es ist erfreulich, dass das BVG hier gehandelt hat und damit eine willkürliche Steuerquelle geschlossen wurde. Doppelbesteuerungen sind in der Wirkung ebenso betrügerisch wie Steuerhinterziehungen, nur dass der Fiskus nicht mit dem Strafrecht bedroht wird", so Rolf Albrecht.

"Bemerkenswert ist hier, dass erst vor dem Bundesverfassungsgericht ein Unrechtsfall aus der Welt geschafft wurde: Dass Politik, Steuerverwaltung und das Finanzgerichtswesen nicht in der Lage sind solches Unrecht ohne das BVG - als letzter Bastion unseres Rechtsstaates - zu erkennen, zeigt wieder einmal, dass der Fiskus Raffgier statt Fairness instrumentalisiert und damit die Glaubwürdigkeit vor dem Steuerzahler verliert. Obendrein geht es hier nicht nur um den Einzelfall der o.g. GmbH - auch bei persönlich haftenden Selbständigen gibt es einige Rechtsanwendungen ähnlicher Art, die als wirksame Doppelbesteuerung existenzgefährdend sind", so Albrecht weiter.

Wie entstehen Doppelbesteuerungen?

Immer wenn der Fiskus reale Kosten nicht als steuermindernd anerkennt, oder reale Verluste nicht mit zeitlich folgenden Gewinnen verrechnen lässt, entstehen fiktive Bemessungsgrundlagen auf die reale Steuern erhoben werden. Im Ergebnis wird mehr Einkommen versteuert, als erwirtschaftet wurde - das reale Einkommen wird als ganz oder teilweise doppelt besteuert.

Beispiel: A macht im 1. Jahr 50.000 € Verlust und im Folgejahr 100.000 € Gewinn. Verdient hat A also saldiert nur 50.000 € in 2 Jahren. Wird nun der Verlust nicht steuerwirksam, muss A für das 2. Jahr volle 100.000 € versteuern, wird also exakt zu 200 % = doppelt besteuert, was aber durch die Steuerprogression zu einer weit mehr als doppelten Steuerlast führt. In schweren Fällen ist diese Raffgier des Fiskus für Betroffene ruinös.

Ohnehin verdient der Fiskus bereits an der zeitlichen Unregelmäßigkeit des Einkommens. Auf die regulären 50.000 € Gewinn im 2. Jahr zahlt A nämlich deutlich mehr Steuern, als hätte er in beiden Jahren je 25.000 € erwirtschaftet. Faktisch verliert er im 1. Jahr die entlastende Wirkung des steuerfreien Grundfreibetrags und im 2. Jahr straft ihn die Progression.

Geht es um vom Fiskus nicht anerkannte Kosten, verlieren Selbständige obendrein die dann nicht mehr abzugsfähige Mehrwertsteuer. Auch hier "verdient" der Fiskus nicht nur die 19 % MwSt sondern bekommt durch die Einkommnessteuerprogression noch einen fetten Zuschlag.
     
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