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| Energiewende-Fehlinvestitionen können viele Milliarden kosten
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| Editorial Frühjahr 2023
Eine schnelle und umfassende Umsetzung einer dekarbonisierten Energiewende ist seit Beginn des Ukraine-Krieges dringlicher denn je.
Aber wichtige betroffene Teilbranchen lassen nicht davon ab, ihr teures Lobby-Süppchen anzupreisen. Fällt die Politik darauf rein, werden weiter jährlich Milliarden an öffentlichen und privaten Geldern verschwendet.
Unterscheiden muss man reversible Einzelfälle und strategische Fehlentscheidungen, die ggf. Jahrzehnte nachwirken, z. B. bei der Infrastruktur.
Und: Je schneller wir die Energiewende schaffen wollen, desto wichtiger sind schnelle Notbremsen gegen nicht mehr zukunftsfähige Investitionen. Es ist also eine komplexe Betrachtung nötig, was gegen den Klimawandel maximal hilft, aber dabei möglichst wirtschaftlich bleibt - für den ganzen Nutzungszyklus jeder Investition.
Lobbyismus setzt massiv falsche Anreize
Die Interessenvertreter von Herstellern und Verbänden haben dabei primär den eigenen Verkaufserfolg und die langfristige Sicherung von Marktanteilen im Blick, der dem Gesamtziel oft nicht oder nur teilweise dient. Neutrale Institutionen sind im Wettstreit der Meinungsbildung eine Minderheit mit i.d.R. deutlich weniger Finanzkraft. Und selbst als Journalist kann man nie sicher sein, in eine Greenwashing-Falle zu tappen.
Was zählt, sind die konkreten Entscheidungen
Was die einführenden Aussagen bedeuten können, kann man nur an den realen Teilgebieten der Energiewende deutlich machen:
Kohle: Weltweit werden auf Jahre noch Unmengen von Kohle verbrannt, teils sogar noch neue Kraftwerke gebaut. Die Klimabilanz ist verheerend. Europa will hier vorangehen. In Deutschland steht der Kohleausstieg auf Rang 2 hinter dem 2023er Atomkraftende.
Folgekosten kann man nur noch dadurch reduzieren, dass die letzten Braunkohlereviere schnell die versprochenen Ersatzinvestitionen bekommen und die Lebensraum fressenden Tagebaugebiete stillgelegt werden. Zudem russische Kohle zu ersetzen, dürfte dabei kein Problem sein, da wir ohnehin zuerst schaffen müssen, die letzten Kohlekraftwerke nur noch temporär im Winter zu nutzen, wenn weniger Solarenergie verfügbar ist. Dann brauchen wir für wenige Wochen auch nur einen Bruchteil der Kohle, die für den ganzjährigen Grundlastbetrieb nötig wäre.
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| Erdöl: Neben dem Klimawandel ist Erdöl auch seit Jahrzehnten ein geopolitischer Brennpunkt. Wenn jetzt Russland als Lieferant umgangen werden soll, verlagert man nur die Abhängigkeiten zu anderen despotischen Regimen. Erdöl muss also nicht nur fürs Klima umfassend ersetzt werden.
Biologische Alternativen sind vorhanden, aber nur partiell ausbaubar. Benzin können wir ebenso aus Pflanzen gewinnen, wie Biodiesel. Aber dafür kann man keine Wälder abholzen und keine zu große Konkurrenz zur Flächennutzung für die Produktion von Nahrungsmitteln hinnehmen. Einige Prozent des Weltbedarfs kann man mittelfristig abdecken, aber mehr ist unrealistisch.
Erdgas und LNG: Kaum haben wir die 2022 explodierten Erdgaspreise wieder im vertretbaren Rahmen, wird schon wieder von den Lobbyisten gegen das Ende fossiler Heizungen gewettert. Millionen Gasheizungen wurden in den letzten Jahren installiert und werden bis in die 30er und 40er Jahre funktionieren und das Klima ordentlich belasten. Zeitnah müssen Neugeräte aber auf begründete Ausnahmen beschränkt werden, damit wir noch dieses Jahrzehnt den Verbrauch möglichst halbieren können und nur noch Gas bei zuverlässigen Freunden wie Norwegen einkaufen müssen.
Damit ist auch klar, dass nur noch wenige temporäre LNG-Terminals in Betrieb gehen müssen und auch nur für 5-10 Jahre gebraucht werden. Dann muss das Thema durch sein.
Grüner Wasserstoff: Dort, wo die elektrisch dominierte Energiewende an ihre Grenzen stößt, z. B. in Teilbereichen industrieller Prozesse oder dem Schwer- oder Luftverkehr, wird grüner Wasserstoff Teil der Energiewende. Aber große regenerative Kapazitäten werden teuer, gerade in Mitteleuropa. Die geplanten großen Wind- und Solarparks in Afrika und Südamerika können in einigen Jahren liefern, aber mit teurer Logistik quer über den Globus.
Das ganze Erdgas-Pipeline-Netz auf den extrem flüchtigen gasförmigen Wasserstoff aufzurüsten wird viele Milliarden verschlingen, was mit günstigem Heizen unvereinbar ist. Infrastruktur und Bedarf muss hier auf sinnvolle, hochwertige Anwendungen konzentriert werden. Eine Gasheizung anschaffen, weil sie als Endgerät "Wasserstoff-ready" ist, ist auf Jahre ein substanzloses Greenwashing-Etikett.
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| Rolf Albrecht
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